Psychologische Operationsvorbereitung (Höfling,
Dworzak, aus Florin et al., Perspektive Verhaltensmedizin, 1989)
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Perspektive Verhaltensmedizin Florin et al. (1989) Psychologische
Operationsvorbereitung Höfling, Dworzak Der Stellenwert von Angst
im perioperativen Verlauf Wartezeit vor Operation ist für Patienten
geprägt von Ungewissheit und Hilflosigkeit. Differentiations- und
Copingfähigkeit der Patienten mit diesen diffusen Gefühlen verschieden.
Häufigste Emotionskategorien: * Angst * Ärger (als versuchte
Angstüberwindung oder wegen realen Frustrationen im KH) * depressive
Verstimmung * Hoffnung Angsterleben während präop. Phase: * Bedenken
bzgl. Operfolgs dominierende Angstquelle (WILSON, 1969) * 16-30 jährige
außerdem Angst vor Schmerzen * 31-60 (Gruppe mit meisten Besorgnisäußerungen)
besonders Sorge um Narkosewirkung * aber auch Ängste aus sozialem
Bereich wichtig (diese lt. HÖFLING, 1987) zuwenig berücksichtigt,
z.B. * Trennungsängste * Schamängste Problem: * psychometrische
Differentiation zw. präop. Angstfreiheit, Angstunterdrückung,
Angstverleugnung * ( empirisch nicht widerspruchsfrei geklärt, welchen
Einfluss Angst(freiheit, -unterdrückung) im periop. Gesamtprozess
hat! Dazu JANIS (1958) * zuviel UND zuwenig an Angst Gefährdung für
Anpassungs- und Genesungsprozess * zuwenig: mangelhafte Aufklärung
und/oder Angstunterdrückung * zuviel: Informationsüberschwemmung
bei gleichzeitiger neurotischer Verarbeitungstendenz COHEN U. LAZARUS (1973)
* betonen positive Wirkung von Angstunterdrückung/-verlmeidung wegen
Fehlen objektiver Bedinungen zu aktiver Bewältigung der präop.
Bedrohungssituation * ( aufklärungs- und Angstvermeidende Haltung
deshalb hilfreicher für Anpassung und Genesung, weil reale Bewältigungsohnmacht
nicht wahrgenommen wird und Kontrollverlust- und Hilflosigkeitsgefühle
nicht eintreten Anästhesie betrachtet Angst vom biophysiologischen
Aktivierungsaspekt her: Angst geht einher mit * endokrinologischen und
vegetativen Veränderungen * diese können Narkosesteuerung und
(bei Verkettung kleiner Störungen) postoperativen Genesungsverlauf
stören * deshalb wird Risiko der angstinduzierten Fehlanpassung von
Anästhesis in Vorgespräch abgeklärt * außerdem in
Prämedikation Anxiolytika obligatorisch Die psychologische Tätigkeit
des Anästhesisten präop. Visite * Risikoaufklärung * rigoros
aufklären und Angst bekämpfen (psychol./medikamentös) ?
* auf Aufklärung eher verzichten ? (Zumutbarkeitskriterium) ABER:
Grundgesetz ( Informationspflicht! * Aufklären und anschließend
verharmlosen ? * standard heutzutage: forensisch notwendige Aufklärung,
anschließend unspezifische Beruhigung (Verharmlosung) je nach Persönlichkeit
des Anästhesisten Studie zu "Aufklären oder Verhamlosen"
TOLKSDORF ET AL. (1981) * Gruppe 1: * 23 orthopädische und chirurgische
Pat. * am OPvorabend allg. Und individdumsspezifische Info über Narkoserisiken
gegeben * Gruppe 2 * 20 -"- Pat. * Versicherung, dass kein Grund zur
Aufregung * keine Aufklärung Ergebnis: * beruhigte Pat. fühlten
sich unmittelbar nach Gespräch ruhiger, * aufgeklärte schlechter
(Stressparameter Blutdruck, Herzfreq. signif. erhöht) * Unterschied
am OPtag noch deutlicher * Aufgeklärte höheren Verbrauch an Anästhetika
* postop. Beruhigte größere Kreislaufschwankungen ( Kurz- und
Langzeiteffekte berücksichtigen! Dabei "Anpassungskosten"
jeder (Info-, Angst-) Anpassungsleistung abschätzen. Vorschlag eines
Vorbereitungsmodelles: * Arzt gibt patientengerechte Information (Risiken,
Narkose etc.) * Patient muss Besorgnis darüber aushalten ( kognitive
und emotionale Auseinandersetzung mit der Gefahrenantizipation * bei manchen
Pat. psychologische Hilfestellung nötig (nicht unspezifisch beruhigen!)
* nach vollzogener "Besorgnisarbeit" kann Pat. aktiv zu Gelingen
der Narkose/OP beitragen ( Vertrauen, unverkrampft ((weniger Relaxanzien,
Narkotika nötig) * nach OP übernimmt Pat. wieder sukzessive Selbstverantwortung
* ( Pat. muss lernen, je nach Situationserfordernissen zw. aktiven und
passiven Vh.weisen (Bewältigungsmodi) zu wechseln Psychologische OPvorbereitungsprogramme
Viele unterschiedliche Möglichkeiten bzgl. * Art und Inhlat der Aufklärung
* Art des Umgangs mit auftretender Unruhe ( differentielle Wirkung muss
systematisch geprüft werden Aufklärungsprogramme * Mehrheit präop.
Patienten wprich sich für Aufklärung und gg. nur Beruhigung aus
(80% nach BÜHLER U. BIEBER, 1985) * Informationen über Missempfindungen
nie emotinal tönen ("tut weh", "ist unangenehm"),
sondern präzise neutral ("sticht", "brennt"),
dann bleibt emotionale Anreicherung des sensorischen Erlebens eher aus
(JOHNSON, 1975) ( emotionale Schmerzinkubation, ägnstliche oder depressive
Verarbeitung unterbleibt * Aufklärung durch Arzt (nicht Video oder
Personal) von 96% der Pat. gewünscht (BÜHLER U. BIEBER, 1985)
* vom Arzt aufgeklärte Pat. zeigten gg. nur schriftliche Aufgeklärten
präop. Stärkeren Angstabfall (LEIGH ET AL., 1977) * strukturierte
psychologische Vorbereitung ist unstrukturierter Betreuung bei gleichem
Infogehalt überlegen * außerdem: wenn Vorbereitung klar gegliedert
und Arzt/Krankenschwester darin geschult ( bessere Ergebnisse, als wenn
persönlichem Stil überlassen (LINDEMANN U. VAN AERNAM, 1971)
* Aufklärung je nach individuellem Bewältigungsstil des Pat.
unterschiedliche Wirkung auf Emotionalität und Vh. * eher angst-,
informationsvermeidende Pat. nach Information Erregungszuwachs und schlechte
Adaption * informationssuchende Pat. werden bei ungenügend wahrgen.
Aufklärung oder deren Unterbleiben unruhig * Erregungsreduktion und
gute Adaption wenn Aufklärungsstil auf individuelles Bewältigungsvh.
Abgestimmt (!) Dabei Probleme: * Operationalisierung von Bewältigungsstilen
* Meßprobleme * Ergebnisse über differentielle Wirkung widersprüchlich
( WICHTIG: * mit Information muss auch Möglichkeit gegeben werden,
mit der Information angemessen umzugehen * ( "Information hat keinen
Sinn, wenn man ihr hilflos und ohne soz. Unterstützung ausgeliefert
bleibt" (!) Bereitstellung von Bewältigungsmöglichkeiten
MILLER U. MANGAN (1983) * Kolposkopiepatientinnen teilweise aktive Kontrollmöglichkeiten
zur Verfügung gestellt (durften Einfluss auf Prozedurablauf nehmen,
z.B. Reihenfolge in der Untersuchung bestimmen) * ( ungeachtet der zuvor
gegebenen Infoart (beruhigend, detailliert aufklärend) und ungeachtet
des individuellen Bewältigungsstils bei allen aktiv Kontrollierenden
subjektive, vh.häßige und physiologische Stresszeichen reduziert
* ( gegebene Information zur psychol. Vorbereitung nur dann sinnvoll, wenn
instrumenteller Wert hoch! (( Kontrollempfinden) PRANULIS U. DABBS (1975)
* erlaubten Experimentalgruppe aktive Kontrolle über präop. Situation
* durften Anästhesisten alles fragen, um etwaige Erleichterung/Bequemlichkeit
bitten * sollten Arzt bis zur Narkose kontinuierlich ihre Empfindungen
mitteilen * Kontrollgruppe nur Empfehlung, sicher der Kompetenz des Personals
anzuvertrauen Ergebnisse: * "aktive Kontrolle" der Narkosesituation
bewirkte signif. Reduktion der Pulsfrequenz (erleichter Steuerung des Narkoseverlaufs
und mindert Gefahr von intraop. Herz- und Kreislaufproblemen !) sonstige:
* präop. Einübung von Bewältigungsvh.weisen * Entspannungstrainings
* stressreduzierendes Atmen * komplexere Programme (z.B. Stressinokulationstraining,
MEICHENBAUM, 1982) * führten zu durchwegs guten Ergebnissen * unmittelbare
präop. Angstreduktion * verringerter Anästhetikaverbrauch * bessere
postop. Stimmung * bessere Anpassung * geringerer Analgetika-, Tranquilizerverbrauch
* weniger Komplikationen * kürzere Klinikverweildauer [Quelle unklar]
Ein Modell patientenzentrierter psychologischer OPvorbereitung Vertrauensbildung
durch ärztliches Gespräch ( partnerschaftl. Dialog statt asymetrischer
kompetenzorientierter Gesprächsführung * Prüfung des Vorwissens
* über Krankheit, Narkose, OP und postop. Verlauf * ev. korrigieren/ergänzen
(zum Nachfragen/Widersprechen ermutigen) * wenn ablehnend/vermeidend (
(sanfte) Konfrontation mit diesem Vh. * Eingehen auf direkt oder indirekt
geäußerte Emotionen * wenn Pat. Differenzierungsschwierigkeiten
hat, ev. Formulierungshilfen geben * auf nebenbei geäußerte
(neg.) Emotionen achten * Akzeptierung von Angst (durch Personal (!) und
Patient) * (Angst primär keine schädliche Emotion, besitzt adaptive
Funktion; HÖFLING U. BUTOLLO, 1985) * Patienten lehren, Angst nicht
zu bekämpfen, damit sich dieser selbst stützen kann, wenn soz.
Support fehl [??? ev. weil er dann erlerntes coping anwendet] * Bereitstellung
intrapsychischer Kontrollmöglichkeiten * Entspannungs- und Atemkontrolltechniken
(nachgewiesen stabilisierende Wirkung auf Kreislauf, v.a. direkt vor der
OP) * (diese gleichzeitig auch Mittel gg. Hilflosigkeit) * gute Atemtechnik
vermindert auch Gefahr vom postop. Bronchopulmonalen Infektionen * Angstakzeptanz
und Atemkontrolle/Entspannungstechn. Und Streßmanagementtechn. ergänzen
sich und sind Schritt richtung Eigenverantwortung * Bereitstellung direkter
Kontroll- und Einflussmöglichkeiten * z.B. Wahl bei Prämedikation,
Begleitmöglichkeit in OP durch Angehörige, Beibehaltung des persönl.
Tagesrhythmus etc. (in bestehender KHroutine teilw schwierig, bei Kindern
aber z.B. besonders wichtig) Zusammenfassung * Psychologische OPvorbereitung
gehört in die Hände der Ärzte und des Personals * keine
zusätzlichen "Experten für die Seele" * [Anmerkung:
Höfling ist Psychologe, Dworzak Arzt] * Argument: Vertrauen in behandelndes
Personal, v.a. Arzt muss aufgebaut werden * Angst nicht nehmen sondern:
* Pat. je nach situativen Erfordernissen zw. Hingabe und Eigenverantwortung
pendeln lassen * dafür Dialog nötig * Probleme bei Schulung des
KHPersonals in psychologischer OPvorbereitung * einige psycholog. Interventionen
kollidieren mit Hleferstandards (z.B. Akzeptanz von negativen Gefühlen,
Unterlassung unspezifischer Beruhigungsversuche) * auch Ärzte/Schwestern
brauchen Ansprechpartner für Probleme (v.a. bei sehr schweren Erkrankungen
oder offensichtlich neurotischen Patienten) * weitere Programme müssen
v.a. für ProblemOP erarbeitet werden (müssen in zeitl. Gedrängte
Routinearbeit des Arztes integrierbar sein) * postop. Betreuung ebenfalls
wichtig (v.a. Patienten nicht in Passivität/Hilflosigkeit verharren
lassen, wenn gar nicht mehr nötig) Anxiolytika = teilweise synonym
mit Tranquillizer verwendet, dämpfend bei Angst- und Spannungszuständen
(z.B. Benzodiazepinderivate) Kolposkopie = Untersuchung der Scheidenschleimhaut
des Gebärmutterhalses